Es hat endlich aufgehört zu schneien. Die Sonne scheint, der Himmel ist hellblau. Was für ein schöner Wintermorgen begrüßt mich, als ich aus dem Fenster blicke. Ich spüre, wie mich die Sonnenstrahlen richtiggehend wachkitzeln.

Nichts hält mich mehr: Ich muss unbedingt nach draußen. Nach dem Frühstück packen wir uns warm in unsere Skianzüge ein, denn heute wollen wir dem Winter ganz nah sein.

Die Winterwanderwege sind frisch gespurt, wir sinken kaum ein. Schritt für Schritt gehen wir ganz gemütlich einen der vielen Wege entlang. Insgesamt 70 Kilometer sollen es sein. Wir bewegen uns langsam und nehmen jeden Sinneseindruck mit. „Es hat schon ganz was Eigenes, diese Ruhe, nicht wahr?“ Ich bekomme nur ein „Mhm, sehr schön“ als Antwort. Und dann ein Lächeln. Das gibt mir zu verstehen: Diese Ruhe will auch durch ein Gespräch nicht gestört werden. Stumm und zufrieden gehen wir nebeneinander her. Ich glaube, jeder genießt einfach nur den Moment und ist dabei für sich glücklich. Die Schneekristalle auf den Wiesen neben uns glitzern in der Sonne. Ein leichter Wind weht uns ums Gesicht und wirbelt immer wieder Schnee auf. Die Berge vor uns versinken unter einer weißen Decke, sind tief verschneit.

Ehrlich gesagt, dachte ich ja, dass die Bilder im Werbeprospekt nicht der Realität entsprechen, aber nein, es ist wirklich so kitschig schön hier. Und sehr romantisch. Das Knirschen des kalten Schnees unter unseren Schuhen ist das einzige Geräusch, das wir hier vernehmen. Ach ja, und das Bimmeln der Glöckchen von den Pferdeschlitten neben uns. Den Rückweg, denke ich, können wir uns angenehm gestalten und ebenfalls mit einem Schlitten zurücklegen. Das nenne ich Winterromantik pur.

Immer wieder begegnen uns Menschen, die genauso wie wir, die Stille gehend genießen, Händchen haltend, lächelnd, verträumt, im Gespräch. Ich nehme ganz bewusst einen tiefen Atemzug und spüre die Frische, die meinen Körper durchströmt. Während ich meinen Gedanken so nachhänge, schiebt sich ein Unliebsamer dazwischen. „Wenn wir wieder daheim sind, dann sollten wir gleich …“ Ich werde von meinem Schatz unterbrochen: „Pssst, denk nicht an daheim und was wir tun sollten. Sei hier, genieß den Moment. Wir haben ohnehin nur mehr heute und morgen.“
Dem ist nichts hinzuzufügen.

In einer Hütte kehren wir ein. Neben uns auf der Terrasse sitzen schon Langläufer und andere Wanderer, eingehüllt in die bereit gelegten Lodendecken und lassen sich die Sonne ins Gesicht scheinen. Nach einem heißen Kakao und einem für diese Region typischen Ziwebm-Brot mit Butter machen wir uns wieder auf. Da begegnen uns vom Wald her Schneeschuhwanderer. „Was hältst du davon, wenn wir uns auch welche ausleihen und das mal ausprobieren?“ Gesagt, getan. Das nächste Sportartikelgeschäft ist nicht weit und schnell werden wir mit Schneeschuhen und Stöcken ausgerüstet. Die freundliche Verkäuferin erklärt uns, worauf wir achten sollen und gibt uns noch einen sicheren Tourentipp für die kommenden zwei Stunden mit auf den Weg. „Hier ist es sehr schön“, zeigt sie auf einer Karte, „aber da sollten Sie nicht gehen, da ist noch zu viel Schnee“, meint sie umsichtig.

Ausgerüstet wie die Trapper von einst stapfen wir also los. Das Gehen ist um einiges mühevoller, als auf den präparierten Wegen, aber auch ungleich aufregender. Wir wandern in einem Waldstück den Berg hinauf. Die Äste der Bäume sind schwer beladen und hängen tief. Da plötzlich ein kurzer Aufschrei hinter mir. „Was ist los?“ Besorgt drehe ich mich um. Da steht mein Schatz, über und über bedeckt mit Schnee von den Bäumen über uns. Besonders lustig: Der Gupf auf der Haube, wie ein kleiner Schneezwerg sieht das aus. Ich lache los: „Also ich wäre froh über die Abkühlung, mir ist schon warm geworden.“ „Ach so, meinst du“, lautet die gespielt-verärgerte Antwort, „kannst du haben!“ Und eh ich mich versehe, tollen wir wie Kinder herum, bewerfen uns gegenseitig mit dem pulvrigen Schnee, der als Staub vor unseren Gesichtern verpufft. Völlig außer Atem vor lauter Lachen, Laufen und Hüpfen liegen wir plötzlich nebeneinander glückselig im tiefen Schnee. Nach ein paar Augenblicken: „Danke.“ Ich drehe mich zur Seite: „Wofür?“ „Für das hier!“ Wir genießen diesen unbeschwerten Moment noch eine Weile und blicken in den Himmel, bevor wir unsere Schneeschuhwanderung fortsetzen.


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